Seitdem ich eine Fernsehreportage über die Massen an Schnee und die faszinierende Kultur Japans geschaut hatte, war mein Traum vom Freeriden in diesem Land geweckt. Im Februar 2014 wurde er zur Wirklichkeit, als wir uns zu fünft auf den Weg ins sogenannte “Land der aufgehenden Sonne” machten. Neben Städtetrips nach Tokio und Kyoto testeten wir in den Skigebieten Nozawa Onsen und Myoko Japans Powder und Kultur. Hier sind die 5 Highlights meines Trips.
1. Der Schnee: zwischen Chaos und Glück
In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie soviel Schnee gesehen. Unsere Reise fand in einem Rekordjahr statt. Seit 45 Jahren war nicht mehr so viel Schnee gefallen und bis zu 15 Meter sollten es in dieser Saison noch werden. Wie sorgfältig verstreuter Puderzucker verzierte die weiße Schneepracht die komplette japanische Landschaft. Kleinbusse waren komplett eingeschneit und die dicken Flocken fielen unaufhörlich vom Himmel. Ein süßer Anblick für meine Augen und eine Freude für unsere Freeride Abfahrten.
Für die Japaner bedeuten die Schneemassen dagegen eher Stress. Trotz des jährlich wiederkehrenden Niederschlags versank das Land während unseres Reisezeitraums im Schneechaos. Bahnstrecken waren versperrt, Autobahnen verstopft und Fabriken tagelang lahmgelegt. Komischerweise erfuhren wir erst durch einen besorgten Anruf meines Bruder aus Deutschland von den chaotischen Zuständen. Für uns verlief die Reise ohne Zwischenfälle und der Schnee hätte nicht besser sein können.
Vielleicht lag das auch daran, dass man in Nozawa Onsen geschickt mit dem Schnee umzugehen weiß. Wasserleitungen sind dort unter den Straßen verlegt und Väterchen Frost wird mit Hilfe der heißen Quellen(Onsen) einfach weggespült. In Myoko ist es aufwändiger, der Schnee wird fleißig an die Straßenseite geschoben. So entstehen meterhohe Schneewände durch die wir fasziniert zu Powderhängen stapften, in denen das Weiß mir bis zum Hals reichte.
2. Touren gehen: vom Nebel in die Sonne
Nebel hing zwischen den schneebedeckten Buchen, als wir unsere Ski an die Rucksäcke schnallten, unser Lawinenpiepser anschalteten und den Aufstieg zum Sakiyama im Skigebiet Myoko begannen. Keuchend stiegen wir Schritt für Schritt durch den knietiefen Schnee nach oben. Nach circa einer Stunde Fußmarsch hatten wir die Nebeldecke durchbrochen und die Sonne kam wieder zum Vorschein. Wir hatten die schwefligen Dämpfe des in der Nähe liegenden Vulkans in der Nase. Oben angekommen waren wir begeistert über den Ausblick der sich uns bot. Die Abfahrt die folgte, war die schönste des gesamten Urlaubs. Wir fuhren jeder unser eigene unverspurte Strecke, durch den stillen, menschenleeren Wald, von der Sonne wieder in den Nebel hinein.
Wer ebenfalls den Mount Sakiyama abfährt, sollte die Orientierung im Auge behalten und sich nicht zu weit rechts halten. Wir haben uns an einem Flußbett wiedergefunden und der einzige Weg hinaus war ein Sprung über einen eingefrorenen Wasserfall oder der erneute Aufstieg über steile Hänge zurück ins Skigebiet. Wir haben uns für letzteres entschieden und waren nach etwa einer Stunde klettern zurück auf der Piste. Die Umstände sollte man sich jedoch lieber ersparen!
3. Frühstück japanese Style – roh und exotisch
Rohen Fisch sollte man mögen, denn in Japan wird er gerne und reichlich serviert. Schon zum Frühstück erwartete uns ein zartes Stück Thunfisch oder ein rosafarbenes Scheibchen Lachs auf dem Teller. Auch für mich eine Herausforderung nach einem längeren Barabend, ebenso wie eine Gaumenfreude als ich mich überwunden hatte. So frischen und leckeren rohen Fisch habe ich bis jetzt nur in Japan gegessen.
Zum Menü dazu gibt es meist Misosuppe, Tofu, Gemüse, Toast und Reis. Ein weiteres Highlight sind Onsen-Eier, die in Japans heißen Quellen (Onsen) gegart werden. Ungefähr eine Stunde garen die Eier dort zwischen 60 und 70 Grad Celsius und erhalten dadurch, ähnlich wie bei einem Spiegelei, eine gleichmäßig weiche Konsistenz.
Für diejenigen die sich gar nicht mit dem exotischen japanischen Frühstück anfreunden können, haben viele Pensionen “europäische” Frühstücksmenüs, bestehend aus Toast, Spiegelei, Wurst und Käse im Angebot. Jedoch liegt die japanische Variante viel leichter im Magen um einen perfekten Skitag zu beginnen!
4. Die Japaner – respektvoll und höflich
Auf dem Weg zur ersten Powderline des Tages begrüßten uns die japanischen Liftangestellten mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen sobald wir in die Gondel stiegen. Die Krönung der Höflichkeit war eine Verbeugung, als die Gondel an der Mittelstation vorbeituckerte und von einem Mitarbeiter manuell geöffnet und wieder geschlossen wurde. Auch beim Aussteigen wurden wir von einem strahlenden Japaner erwartet der uns mit einer Verbeugung in die Skihänge verabschiedete. Abgesehen davon, dass ein Skiurlaub in Japan Grund genug ist sich zu freuen, waren wir doch angesteckt von so viel Freundlichkeit und selbst plötzlich auch nur noch am grinsen.
Noch mehr begeisterte uns der Servicegedanke der Japaner, als wir am Bahnhof von Myoko ankamen. Da wir unseren Zug verpasst hatten, waren wir so spät dran dass am Bahnhof kein Bus mehr fuhr. Ratlos standen wir mit unseren Bergen von Gepäck im Schnee. Kein Supermarkt, Restaurant oder sonstiger Ort um sich ein Taxi rufen zu lassen war in Sicht. Plötzlich tauchte ein Geländewagen auf und wir erkundigten uns beim Fahrer ob dieser uns ein Stück mitnehmen könnte. Enttäuschung machte sich auf unseren Gesichtern breit als er verneinte, da er auf seine Gäste warten müsse. Auf seine Nachfrage in welchem Hotel wir untergebracht seien, stellte sich plötzlich heraus dass wir die Gäste waren die er abholen wollte! Er war seit dem späten Nachmittag einmal die Stunde zum Bahnhof gefahren um zu schauen ob wir aus dem Zug steigen. In Japan ist der Kunde offensichtlich wirklich König!
Die Verständigung mit den aufgeschlossenen Japanern war jedoch oft eine Herausforderung. Teilweise sind wir nicht mal mit dem Zeigen auf Stadtpläne weitergekommen, da die Japaner andere Schriftzeichen haben als wir. Auch Straßennamen kann man dann schwer entziffern. Die herzlichen Wirtsleute in unserer Pension in Nowaza Onsen, ein Ehepaar und dessen Großmutter, haben sich mit uns per Google translate unterhalten, was erstaunlich gut klappte. Wir waren die ersten deutschen Gäste ihres Lebens, was für eine Besonderheit!
5. Die Onsen – Entspannung und Heilkraft
In den heißen Quellen werden nicht nur die Frühstückseier gegart. Sie eigenen sich auch wunderbar zum Muskeln entspannen und aufwärmen nach einem schönen aber anstrengenden Tag in den Bergen. Wie der Name schon verrät gibt es zum Beispiel im Skigebiet Nozawa Onsen eine Vielzahl heißer Quellen, die sich auch zum Baden eignen. Durch Vulkanwasser gespeist können die Quellen bis zu 90 Grad heiß sein, in den öffentlichen Badehäusern liegt die Wassertemperatur bei etwa 40 Grad.
Da in den Badehäusern die Geschlechter getrennt schwitzen, musste ich mich von meinen männlichen Reisebegleitern trennen und zu den einheimischen Frauen ins dampfende Wasser steigen. Zugegeben – anfangs habe ich mich selbst wie ein Frühstücksei gefühlt, das gar gekocht werden sollte, denn das Wasser war so heiß dass es schmerzte. Nach den ersten paar schrecklichen Sekunden setzte jedoch die Entspannung ein und spätestens nach dem anschließenden kalten Abschrecken bin ich zum großen Fan der Onsens geworden. Noch dazu sollen die schwefligen Quellen sehr gesund sein.